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Beispielhaftes Smart-Metering-Projekt in Sömmerda
Unerwartete Herausforderungen in intensiver Zusammenarbeit bewältigt

Die Energieversorgung Sömmerda GmbH realisiert mit einer Reihe von Technologiepartnern sowie der koordinierenden Unterstützung des Systemdienstleisters co.met ein anspruchsvolles Smart-Metering-Projekt. Eine Premiere erlebt dabei die Integration der G3-PLC-Powerline-Datenkommunikation. Der Feldtest, Kernstück einer umfassenden technologischen Neuorientierung beim thüringischen Versorger, entpuppte sich für alle Beteiligten als ein in vielerlei Hinsicht erkenntnisreiches Unterfangen. Insbesondere die intensive Zusammenarbeit half dabei, die Vielzahl der Systeme zu einer funktionierenden Gesamtlösung zusammenzuschweißen.  

Über den Sinn von Pilotprojekten im Smart Metering gibt es durchaus konträre Meinungen. Skeptiker, die nach wie vor insbesondere in Energieversorgungsunternehmen anzutreffen sind, fragen sich etwa: Warum eine Technologie ausprobieren, für deren Einsatz es noch immer keine final ausformulierten Spielregeln gibt? Wer sich hingegen einmal gedanklich intensiver mit der Thematik beschäftigt hat, den beschleicht zumindest eine Ahnung, dass frühe praktische Übungen doch ihr Gutes haben könnten. Und wer schon ein Pilotprojekt durchgeführt hat und dabei manche unerwartete technische Herausforderung in der Praxis meistern musste, ist anschließend überzeugt: Der bevorstehenden Rollout intelligenter Messsysteme kann ohne solche Vorerfahrungen leicht zum Fiasko werden.

Die Protagonisten des Smart-Metering-Projektes bei der Sömmerdaer Energieversorgung GmbH (SEV) jedenfalls sind nach einem Jahr um viele wertvolle Erfahrungen reicher. „Mit Powerpoint-Folien zu erklären, wie Smart Metering funktioniert, ist eine Sache, der praktische Aufbau mit allen Modulen und Komponenten jedoch eine ganz andere“, hat Ingo Lange erkannt, bei der SEV Projektleiter für Sonderaufgaben wie Smart Metering, Zählerfernauslesung (ZFA) und Stationsautomatisierung. „Beim Zusammenführen und Verbinden der Systeme sind wir auf einige unerwartete Herausforderungen gestoßen. Obwohl für jeden Hersteller verbindliche technische Vorgaben existieren, waren immer wieder Abstimmungsrunden und sehr viel Feintuning erforderlich.“

Daten durchlaufen acht Systeme und 17 Schnittstellen

Wie komplex die Aufgabe ist, lässt sich am Weg der Daten vom Zähler bis ins Abrechnungssystem sowie an der Vielzahl der involvierten Systeme und Hersteller zeigen: Die elektronischen Zähler (EasyMeter) übertragen per wireless M-Bus-Modul die Messdaten an das Gateway (Theben). Das Gateway ist via Ethernet mit dem Powerline-Netz (devolo) verbunden, das die Daten einem Router (bintec elmeg) übergibt. Von dort aus wandern sie über einen VPN-Tunnel nach Saarbrücken in das zertifizierte Rechenzentrum von co.met, wo auch sämtliche Software- und Systemanwendungen zur ganzheitlichen Abbildung der Prozesse im Smart-Meter-Rollout in der „Smart Energy Cloud“ gehostet und als Software as a Service (SaaS) für EVU-Kunden vorgehalten werden (GWA, MDM, erweiterte Geräteverwaltung, PKI, Workforce Management System etc.). Für die Systemintegration auf dieser Plattform zeichnet die Next Level Integration GmbH verantwortlich. Dort werden die Daten ausgewertet, aufbereitet und einerseits in einem Online-Portal visualisiert dargestellt, andererseits an das Abrechnungssystem (SIV.AG) bei der SEV gesendet, wo sie außerdem für die Bilanzierung und potenzielle weitere Folgeprozesse zur Verfügung stehen. Systeme von acht Unternehmen und 17 Schnittstellen müssen die Messdaten vom Smart Meter bis ins Abrechnungssystem durchlaufen, hat co.met-Geschäftsführer Peter Backes gezählt. „Man kann sich leicht vorstellen, dass dies erheblichen Koordinationsaufwand erfordert.“

Was das Smart-Metering-Projekt in Sömmerda von anderen einschlägigen Feldtests unterscheidet, ist zum einen der Umstand, dass ein vergleichsweise kleines Unternehmen die Initiative ergriffen hat und mit großer Entschlossenheit seinen Weg in die Zukunft geht (siehe Kastentext). „Wir haben schon heute Probleme im Netz mit den dezentralen Einspeisern“, begründet Norbert Götze, Bereichsleiter Stromnetz bei der SEV, das Engagement. „Deshalb müssen wir so schnell wie möglich in der Lage sein, unsere Netzstationen intelligent zu steuern. Dafür brauchen wir Daten aus elektronischen Zählern. Außerdem wollen wir beim Startschuss zum großen Smart-Meter-Rollout nicht im Stau stecken bleiben, sondern schon heute ohne Zeitdruck lernen, wie es funktioniert.“

G3-PLC kombiniert hohe Reichweite mit idealem Datendurchsatz

Zu den zentralen Herausforderungen des Sömmerdaer Smart-Metering-Pilotprojekts, das in einem Industriegebiet durchgeführt wird (siehe Kastentext), gehört die zuverlässige Übertragung der IP-Daten. Die SEV hat sich für die G3-PLC-Technologie im Frequenzband zwischen 150 kHz und 500 kHz entschieden, eine Powerline-Datenübertragungstechnik, mit der IP-Daten mit einer deutlich höheren Bandbreite als im bisher verwendeten Cenelec-Band über vergleichsweise große Distanzen gesendet werden können. Da die 19 Trafostationen im Industriegebiet mit bislang ungenutzten Niederspannungskabeln vernetzt waren, bot sich der Einsatz dieser Technologie in Sömmerda an. Aber auch die vergleichsweise geringen Kosten der Datenübertragung sprechen dafür. Allerdings war eine Systemkonstellation, wie sie bei der SEV realisiert werden sollte, so noch nie getestet worden. „Es galt, eine hohe Reichweite bei gleichzeitig stabiler Datenübertragung zu erreichen“, erläutert Walter Krott, Business Development Manager bei der devolo AG, die Anforderungen. „Hier zeigen sich klar die Vorteile der G3-PLC-Technologie von devolo gegenüber alternativen Übertragungsverfahren, die zum einen hohe Investitions- und Folgekosten verursachen würden und zum anderen in den Bereichen Übertragungssicherheit und Erreichbarkeit Defizite aufweisen. Bei der G3-PLC-Technologie fokussieren wir uns auf ein Frequenzband zwischen 150 kHz und 500 kHz. Dieser Korridor verbindet die PLC-Vorteile von hoher Reichweite und idealem Datendurchsatz für heutige Smart-Grid-Anwendungen und hat genügend Leistungsreserven für das Netz von morgen.“

Die Verwendung der Powerline-Technologie stellt aber auch spezifische Anforderungen an die Kommunikation mit dem Gateway. Einer der Knackpunkte ist die Bandbreite, also der Datendurchsatz pro Sekunde. „Bei der Ethernet- oder DSL-basierten Kommunikation steht eine genügend große Bandbreite zur Verfügung, sodass eine gleichzeitige Kommunikation mehrerer Endgeräte kein Problem darstellt“, erläutert Ruwen Konzelmann, Key Account Manager beim Gateway-Hersteller Theben AG. „Bei der eingesetzten PLC-Technologie hingegen haben wir eine deutlich schmalere Bandbreite, also steht ein viel geringerer Datendurchsatz zur Verfügung, was einen schnellen Abtransport der Daten bei gleichzeitigem Versenden deutlich erschwert. Es war daher sehr wichtig, die zur Verfügung stehende Bandbreite für acht Mandanten bzw. Strommesspunkte pro Gateway optimal auszunutzen. In intensiven Abstimmungen aller beteiligten Projektpartner wurden die verschiedenen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Geräteanpassung genutzt, um die Kommunikation zu stabilisieren und zu optimieren. Im Fall des Smart-Meter-Gateways Conexa wurden die remote, also aus der Ferne einstellbaren Konfigurationsparameter so auf die Rahmenbedingungen angepasst, dass schlussendlich ein robuster Betrieb des Gesamtsystems – über wM-Bus angebundene Stromzähler, Smart Meter Gateway und Kommunikationsgeräte sichergestellt wurde. Die gesamte Problemstellung haben wir im engen Zusammenspiel zwischen den Projektpartnern co.met, devolo und Theben letztendlich sehr gut in den Griff bekommen.“

Schaubild Pfad

„Alle Beteiligten haben in dem Projekt enorm viel gelernt“

Obwohl die Ausgangslage in Sömmerda teilweise sicherlich spezifisch ist (Niederspannungsleitungen ausschließlich für die Datenkommunikation), gibt es keinen Zweifel am allgemeinen Mehrwert des Smart-Metering-Projektes. „Alle Beteiligten haben enorm viel gelernt und sammeln weiter Erfahrungen“, resümiert co.met-Vertriebsleiter Sascha Schlosser. „Darin liegt der entscheidende Mehrwert dieser tollen Kooperation.“ Praxistaugliche Interoperabilität zwischen einer Vielzahl von Teilsystemen herzustellen, darf als zentrale Herausforderung eines jeden Smart-Metering-Projektes betrachtet werden. „Ohne eine enge und von offener Kommunikation geprägte Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Herstellern ist die Entwicklung einer tragfähigen Gesamtlösung nicht möglich“, sagt Walter Krott. „Für die devolo AG sind solche Projekte extrem wichtig, um zielorientiert serientaugliche Geräte auf den Weg zu bringen.“ Auch Ruwen Konzelmann weist dem Kooperationsaspekt zentrale Bedeutung zu: „Es geht nur miteinander. Wenn die eine Partei der anderen den schwarzen Peter zuschiebt, kommt man nicht voran. Man muss sich austauschen und konstruktiv nach Lösungen suchen, selbst wenn man teilweise im Wettbewerb zueinander steht. Denn wenn Smart Metering nicht funktioniert, verliert der Kunde die Lust, und damit ist keinem geholfen.“

Die Verantwortlichen bei der Sömmerdaer Energieversorgung sehen ihr smartes Zukunftskonzept schon heute bestätigt. Das Unternehmen hat sich in Sachen Know-how und Praxiswissen eine Pole-Position für das bevorstehende Rollout-Rennen gesichert. Die SEV-eigenen Monteure beispielsweise sind mittlerweile so fit, dass viele Arbeiten an und mit der smarten Technologie Routine geworden sind. „Wenn wir heute unseren Monteuren sagen, sie sollen die Trafostationen A, B und C vernetzen, läuft das autark, zuverlässig und gut“, berichtet Ingo Lange.

Enge Zusammenarbeit fördert Partnerschaften

Der Saarbrücker Mess- und Systemdienstleister co.met, der schon mit mehreren seiner bundesweit rund 350 Kunden Pilotprojekte im Smart Metering realisiert hat, brachte seinen Erfahrungsschatz ein und spielte nicht zuletzt auch die wichtige Rolle des Projekt- und Kommunikationskatalysators. So wurde das jüngste turnusmäßige Zusammentreffen der Projektpartner nicht in Sömmerda, sondern auf co.met-Einladung in der saarländischen Landeshauptstadt abgehalten. „Hier hat sich, nachdem es anfangs durchaus auch mal geknirscht hat, eine wunderbare Zusammenarbeit und Partnerschaft entwickelt“, berichtet Ingo Lange. Sogar die kompletten Geschäftsführungen von SEV und co.met haben das Treffen in Saarbrücken begleitet. Soviel Engagement steigert die Motivation der operativ verantwortlichen Mitarbeiter und zeigt ihnen: Hier geht es tatsächlich um unsere Zukunft. Für co.met-Vertriebschef und Projektleiter Sascha Schlosser ist gelebte Dienstleistungsorientierung eine Selbstverständlichkeit: „Wir wollen in der Praxis zeigen, dass partnerschaftliche Lösungen ein idealer Weg sind, der kleine und mittelgroße Energieversorger befähigt, selbstbestimmt die enormen Herausforderungen der smarten Energiezukunft zu meistern.“

Die Smart-Metering- und Smart-Grid-Strategie der SEV

Die Sömmerdaer Energieversorgung GmbH nimmt in Thüringen und darüber hinaus eine Vorreiterrolle ein. Seit Anfang 2014 stellt sich das Unternehmen konsequent auf die zukünftigen Herausforderungen im Messwesen und im Netzbetrieb ein. So werden im Netzgebiet der SEV beim Zählerturnuswechsel grundsätzlich keine Ferraris-Zähler mehr eingebaut, sondern ausschließlich elektronische Messgeräte. Der Leuchtturm in dieser Strategie ist das anspruchsvolle Smart-Metering-Pilotprojekt in einem Industriegebiet mit 19 Trafostationen. Diese Stationen werden vollständig in eine smarte Systemlandschaft integriert, die im Endausbau rund 250 Smart Meter und mindestens 30 Gateways umfassen wird. Ende 2014 waren mit Abschluss des zweiten Projektabschnittes knapp 100 intelligente Zähler installiert, die gesamte smarte Infrastruktur funktioniert inzwischen zuverlässig und stabil. Bis Ende Juni 2015 soll die Systemlandschaft komplett fertiggestellt sein. Dabei werden sukzessive auch die Lastgangzähler der RLM-Kunden in die smarte Systemwelt integriert. Auch die Themen Netzqualitätsüberwachung und Netzsteuerung sowie die Integration der Gas- und Fernwärmezähler werden im neuen Jahr Bestandteil des Projektes werden. Heute, da die Powerline-Technologie stabil und zuverlässig läuft, ist klar, dass später einmal alle der insgesamt 105 Trafostationen im SEV-Netz auf diese Weise vernetzt werden sollen.

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